Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
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RWE-Kohlekraftwerk Eemshaven
Einspruch gegen erteilte Genehmigung


An
Het College van Gedeputeerde Staten van Groningen
Postbus 610
NL - 9700 AP Groningen
Bonn, Gronau, 01.08.12 

Betreff: Beschwerdeschrift aufgrund des niederländischen Naturschutzgesetzes gegen die von der RWE Holding bv beantragte und von Ihnen erteilte Genehmigung für die Errichtung, Inbetriebnahme, Betrieb und Wartung eines Kohlekraftwerks in Eemshaven.

Um Weiterleitung dieser Beschwerde an die Provinzen Fryslân und Drenthe und das niederländische Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft und Innovation wird gebeten.

 

Sehr geehrte Damen und Herren des Provinzialausschuss,

hiermit erhebt der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) Einspruch gegen die von Ihnen erteilte Genehmigung für das RWE-Kohlekraftwerk im Eemshaven.

Mit der Erteilung der Genehmigung begehen Sie einen historischen Fehler, der vierzig Jahre lang - der voraussichtlichen Lebensdauer des Kraftwerks - schwerwiegende Folgen nach sich ziehen wird. Dieses Kraftwerk verursacht nicht nur Schäden an der geschützten Natur im schönen Weltnaturerbe Wattenmeer, sondern ist auch eine Quelle ungesunder Luftverschmutzung und schädlicher Klimaveränderungen. Wenn das Kraftwerk tatsächlich in Betrieb genommen wird, bewirkt RWE einen Anstieg von 3 bis 4 Prozent des niederländischen CO2-Ausstosses. Im Februar 2012 sagte Ihr Kommissar der Königin, Max van den Berg, dass er ein Kohlekraftwerk für „alte Energie“ hält. Zu Recht. Steinkohle ist umweltverschmutzend und überholt. Die Niederlande brauchen, ebenso wie die Bundesrepublik Deutschland und andere Länder auch, eine Energiewende und darum hätte RWE diese Genehmigung niemals erteilt werden dürfen.

Das Vorhaben verletzt das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit sowie
das Recht auf Eigentum. Auch das Recht auf den Schutz der Umwelt und ihrer Bestandteile
wird durch das Vorhaben verletzt.

Exemplarisch macht der BBU die weiteren folgenden Bedenken geltend:

  • Das Vorhaben wird zur Emission einer erheblichen Menge an klimaschädlichem

Kohlendioxid führen. Kohlendioxid in der Atmosphäre führt unter anderem
zur Verstärkung des Treibhauseffekts, zur Veränderung des Klimas und zur
Erhöhung der durchschnittlichen Temperaturen. Mit den erhöhten Temperaturen –
insbesondere bei Extremwetterlagen - geht beispielsweise eine erhöhte Mortalität der Bevölkerung einher und führt

  • zur Versauerung der Meere und Binnengewässer,
  • zur vermehrten Starkregenbildung und zu vermehrten Überschwemmungen,
  • zur erhöhten Entstehung von Stürmen und Sturmschäden,
  • zur Zerstörung von Biotopen,

zu eine beschleunigten Wanderung von Tier- und Pflanzenarten bis hin zu einem verstärkten Artensterben,

  • zum Anstieg des Meeresspiegels und in der Folge zur Aufgabe vieler Inseln als

Lebensraum für den Menschen.

Die Einleitung von erhitztem Kühlwasser wird zu einer relevanten negativen Veränderung der Flora und Fauna in der Umgebung der Einleitungsstellen führen.
Eine Verschlechterung der Gewässerqualität ist auch bzgl. der physikalischen Parameter abzulehnen, da dies insbesondere zu einer negativen Veränderung von Flora und Fauna führt.

Von den negativen Auswirkungen sind insbesondere die folgenden Gebiete betroffen:

  • Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
  • Gebiet der Ramsar Konvention
  • Gebiet des UNESCO-Biosphärenreservats
  • FFH- und Vogelschutzgebiete
  • Trilaterale Conservation-Area des Wattenmeerraums
  • Trilaterales PSSA Wattenmeer

Damit werden in unzulässiger Weise geschützte Areale beeinträchtigt.

Bezüglich der optischen Beeinträchtigung stellt das geplante Kraftwerk mit seinen
Nebeneinrichtungen eine beherrschende Industriekulisse in unmittelbarer Nähe des
Nationalparks Wattenmeer dar, der dadurch in seinem Bestand und in seiner Attraktivität bedroht wird.

Die gas- und partikelförmigen Schadstoffe bedrohen aufgrund ihrer aggressiven
Eigenschaften (z.B. als Säurebildner) auch Sachwerte (Wohnhäuser, Gärten etc.).

Die Beeinträchtigung der unter dem Gesichtspunkt des Umwelt- und Naturschutzes
wichtigen Gebiete wird auch zu einem Rückgang des Fremdenverkehrs führen. Damit wird vielen Menschen, die in diesem Bereich tätig sind, die Existenzgrundlage genommen.

Mangelnde Forschung nach Nutzen und Notwendigkeit
Wir haben vor allem deswegen Bedenken, weil Sie eine Genehmigung erteilt haben, ohne erst zu untersuchen, ob dieses Kohlekraftwerk wirklich dringend benötigt wird und schließen uns den Einsprüchen niederländischer Umweltverbände an. Das niederländische Naturschutzgesetz schreibt vor, dass für ein Kraftwerk, das signifikant negative Auswirkungen auf die Natur hat, nur dann eine Genehmigung erteilt werden darf, wenn es keine Alternativen gibt und das Kraftwerk einem „zwingenden Grund großen öffentlichen Interesses“ dient. Dies ist nicht der Fall. Die Niederlande produzieren in den kommenden Jahren mehr Strom als nötig ist. Es wird davon ausgegangen, dass der von diesem Kraftwerk erzeugte Strom nach Deutschland exportiert werden wird und somit für die Niederlande nicht benötigt wird. Auch Arbeitsplätze schafft dieses Kraftwerk kaum – gerade einmal 150 Arbeitnehmer sind bei Betrieb des Kohlekraftwerks eingeplant. Wind- und Solarenergie schaffen viel mehr Arbeitsplätze. Außerdem hat RWE nie nachgewiesen, dass das Kohlekraftwerk einem großen Interesse dient, außer seinem eigenen betriebswirtschaftlichen Interesse. Auch dies wagen wir zu bezweifeln. Schließlich erklärte der Direktor von RWE im März 2011, dass, wenn das Unternehmen diesen Entschluss erneut fassen müsste, es sich nicht für ein Kohlekraftwerk entscheiden würde. Und in der Bundesrepublik Deutschland wurde kürzlich der Bau eines neuen Kohlekraftwerks im norddeutschen Brunsbüttel bei Hamburg gestoppt. Es gab massive Proteste und der Betreiber erkannte, dass der Betrieb des Kraftwerks nicht wirtschaftlich erfolgen kann.

Äußerst negative Auswirkungen auf die Natur
Ihrer Ansicht nach erleidet die Natur keine großen Nachteile durch das Kohlekraftwerk. Diese Schäden werden jedoch gewiss eintreten, wie Sie den unten aufgeführten Beispielen, zusammengestellt von niederländischen Umweltverbänden, entnehmen können:

* Für die großen Kohleschiffe, die zukünftig nach Eemshaven fahren, muss die Fahrrinne vertieft werden. Dies erfordert erhebliche Baggerarbeiten, die dem Watt schaden und den Lebensraum von Tieren beeinträchtigen.

* Die An- und Abfahrt von Kohleschiffen stören die Seehunderuheplätze, den Lebensraum des Braunfisches und sorgen für schädlichen Ausstoß auf den Wattinseln.

* Durch den Bau des Kühlwasserabflusses in das Wattenmeer gehen mindestens 3 Hektar Natura 2000-Gebiet verloren. Der Abfluss gigantischer Mengen warmen Kühlwassers (65 Kubikmeter pro Sekunde bei voller Nutzung des Kraftwerks) schadet dem empfindlichen Ökosystem des Ems-Dollard Ästuars. Hier lebt eine große Vielfalt an Fischarten und die Muschelbänke dienen allerlei Tierarten als Brutstätte.

* Das Baggern und der Baggerschlamm für den Bau des Kohlekraftwerks und die Hafenerweiterung trüben das Wasser. Darunter leiden die in dem Gebiet geschützte Flora und Fauna.

* Große Mengen Stickstoffoxide (2,5 Millionen Kilogramm pro Jahr) und andere schädliche Stoffe schweben auf die deutschen und niederländischen Wattinseln und die Natur und Landschaften in der weiten Umgebung herab. Vor allem für die Dünen und die Moorgebiete hat dies langfristig sehr schädliche Folgen. Es gibt bereits so viel Luftverschmutzung, dass sich die gegen Stickstoff empfindliche Natur im Allgemeinen bereits in einem mäßigen bis schlechtem Zustand befindet. Der Ausstoß eines Kohlekraftwerks schädigt die Natur noch mehr. Die Provinz entspricht hiermit nicht ihren Verpflichtungen, die Natur zu verbessern.

* Die Schwermetalle (wie Quecksilber und Cadmium), die in das Ökosystem gelangen, häufen sich in der Nahrungskette an.

* Vögel, wie die geschützte Sumpfohreule, die Kornweihe und der Austernfischer verlören Lebens-, Ruhe- und Brutgebiete wegen des Dutzende von Hektaren großen Baugeländes und des störenden Lärms.

* Der Unterwasserlärm der Schiffe für Kohle und die Abfallstoffe des Kraftwerks werden die Seehunde und andere Meeressäugetiere stören.

Aufgrund des oben Genannten ersuche ich deshalb die beteiligten Behörden, sich nicht für Unternehmensinteressen, sondern für den Schutz der Natur und des Lebensraumes, und für die Gesundheit der Bevölkerung, zu entscheiden. Das Watt ist einzigartig und gehört uns allen, auch den zukünftigen Generationen. Aus diesem Grund ersuchen wir Sie, unsere Beschwerde für zulässig zu erklären und doch noch zu beschließen, den Antrag von RWE auf eine Genehmigung letztlich abzulehnen.

Sofern die Details unseres Einspruchs vom 26. Mai 2012, ebenfalls zum Standort Eemshaven, übertragbar sind, machen wir sie hiermit zum Gegenstand dieses Einspruchs. Siehe dazu
http://www.bbu-online.de/Genehmigungsverfahren/Einspruch_Nuon_BBU.pdf.

Eine Konkretisierung sowie Ergänzungen unserer Einwendung behalten wir uns vor.

 

Mit freundlichen Grüßen,

i. A. Udo Buchholz
BBU-Vorstandsmitglied